Meßinstrumente [3]

[431] Meßinstrumente (Meßgeräte) fassen die zum Messen einer Größe nötige Einrichtung, die man sonst von Fall zu Fall zusammenstellen müßte, ein für allemal übersichtlich, handlich und in Rücksicht größter erzielbarer Genauigkeit transportabel zusammen; die Teile werden im allgemeinen in einem Gehäuse staubdicht ummantelt.

Man unterscheidet Skalen-, Ausgleich-, zählende und schreibende Instrumente.

a) Skaleninstrumente zeigen den Augenblickswert einer Größe dadurch an, daß ein Zeiger (im weitesten Sinn, z.B. auch das Ende einer Flüssigkeitssäule) auf einen gewissen Punkt einer Skala zeigt und dadurch den zugehörigen Wert der zu messenden Größe kennzeichnet. Die Skala kann gleichmäßig, erweitert oder verjüngt sein. Teilstriche gleichen Wertunterschiedes haben bei gleichmäßiger Skala überall denselben Abstand, bei der erweiterten Skala nehmen die Abstände mit zunehmenden Skalenwerten zu, bei verjüngter Skala nehmen sie ab.

Die gleichmäßige Skala gibt in allen Bereichen Ablesungen gleicher absoluter Genauigkeit, z.B. mit einem gewöhnlichen Zeichenmaßstab kann man den Abstand zweier seiner Linien auf 0,1 mm genau ablesen; wie genau die Messung ist, hängt noch von der Genauigkeit des Maßstabes ab. Die relative Genauigkeit nimmt mit zunehmender Größe ab, z.B. bei Abmessung des Abstandes 10 mm ist der Ablesungsfehler ± 0,1 mm/10 mm = ± 0,01 oder ± 1%, bei Ausmessung von 50 mm ist er ± 0,1 mm/50 mm = ± 0,002 oder + 0,2%. Liest man also den Wert n mit einem Fehler ± Δ n ab, so ist der relative Fehler ± Δ n/n.

Die erweiterte Skala ergibt bei großen Werten kleinere Ablesungsfehler als bei kleinen, die Ablesung nahe der Null wird also sehr ungenau, Beispiel: elektrische Hitzdrahtinstrumente;[431] die Instrumente sind gut brauchbar zur Prüfung der Konstanz einer Größe, z.B. der Spannung in einer elektrischen Zentrale, schlecht brauchbar zur Beobachtung stark wechselnder Größen, z.B. der Stromstärke in einer elektrischen Zentrale, deren Belastung zum Leerlauf sinken kann.

Die verjüngte Skala findet sich z.B. am Rechenschieber; dessen Skala ist bekanntlich logarithmisch verjüngt, in diesem Falle liefert die verjüngte Skala in allen Bereichen gleiche relative Genauigkeit. Denn wenn im Abstande l vom Nullpunkt der Skalenteil n sich befindet, so ist also l = a · log n, worin a eine Konstante ist; nun ist nach Regeln der Differentialrechnung d l = a · 1/n · d n, oder für kleine aber endliche Werte Δ l = a · 1/n · Δ n; die relative Ablesegenauigkeit ist also Δ n/n = Δ l/a, d.h. konstant, wenn der mögliche, in Millimetern ausgedrückte absolute Ablesungsfehler Δ l überall gleich ist. Die verjüngte Skala gibt bei höheren Werten abnehmende absolute Ablesegenauigkeit.

Die Genauigkeit der Ablesung kann gesteigert werden durch Unterlegen der Skala mit einem Spiegel. Der parallaktische Fehler wird dann vermieden, wenn der Zeiger (am besten als Schneide ausgebildet) sich mit seinem Spiegelbild oder mit dem Bilde der beobachtenden Pupille deckt. Die Genauigkeit der Ablesung kann bei gleichmäßiger Skala durch Anwendung eines Nonius gesteigert werden. Beeinträchtigt wird sie durch Schwankungen des Zeigers um die Mittellage.

Die Genauigkeit der Messung einer Größe x wird außer durch die Genauigkeit der Ablesung l noch und meist überwiegend durch die Genauigkeit des Einspielens des Zeigers bedingt. Es kommt hier nicht auf Abweichungen der Zeigerstellung vom wahren Sollwert an, die sich immer zeigen und daher durch eine Eichung des Instrumentes oder durch Erneuern der Skala unschädlich gemacht werden können und müssen. Es handelt sich vielmehr um Unterschiede in der Anzeige n bei mehrfacher Einstellung des gleichen zu messenden Wertes x; die Abweichungen ± Δ x können entweder ganz unregelmäßig innerhalb eines gewissen Bereiches voneinander abweichen oder die Einstellung kann auf x + Δ x erfolgen, wenn der Zeiger von oben her kommt, im entgegengesetzten Fall auf xΔ x. In allen Fällen ist man um Δ x über den zu messenden Wert im unklaren. Man nennt Δ x die Ungenauigkeit des Instrumentes, während d x/x oder Δ x/x die relative Ungenauigkeit ist.

Die Ungenauigkeit des Einspielens hängt ab einerseits von der Größe W aller Widerstände vom Charakter der Reibung, die die genauere Einstellung hindern, andererseits von der Größe der Verstellkraft. Die Reibungswiderstände sind auf einen gewissen möglichst kleinen Wert durch konstruktive Maßnahmen (Entladung der Lager, Kugel- oder Steinlager, Schneiden- oder Fadenaufhängung) herabzumindern. Bei gegebenen Reibungswiderständen muß die Verstellkraft möglichst groß sein.

Die Verstellkraft R ist diejenige Kraft, die den Zeiger zum Einspielen in eine Sollstellung bringt. Sie kommt zustande und beim Einspielen zum Verschwinden als Unterschied der inneren und der äußeren Richtkraft. Die innere Richtkraft Pi ist die von der zu messenden Größe auf das Zeigersystem ausgeübte Kraft, die im allgemeinen bestrebt ist, den Zeiger bis aus Skalenende und darüber hinaus zu bewegen. Die äußere Richtkraft Pa ist die der Zeigerbewegung entgegenwirkende eigentlich messende Kraft, meist eines Gewichtes oder einer Sender. Beide Richtkräfte dürfen nur bei jeweils einer Zeigerstellung zum Ausgleich kommen, dann gilt

R = PiPa

(1.)


Auf optische und manche andere Meßinstrumente beziehen sich diese Unterscheidungen nicht ohne weiteres.

Beim Quecksilbermanometer ergibt z.B. der die Säule bewegende, zu messende Druck die bewegende innere Richtkraft Pi; sie bleibt unverändert, auch wenn die Säule pendelt, wenn also der Ausschlag l sich verändert, sie ist also unabhängig von l und daher durch die wagrechte Gerade Pi1 (Fig. 1) dargestellt. Die äußere Richtkraft Pa ist das Gewicht der Quecksilbersäule bezw. der von ihm ausgeübte Druck, der der nicht ausgeglichenen Säulenhöhe, also dem Ausschlag l proportional ist, daher durch die ansteigende Gerade Pa dargestellt wird. Beide Linien schneiden sich scharf und bestimmt im Punkte A1 auf den sich daher die Säule einstellen wird, indem die Richtkräfte zur Abgleichung kommen. Bei einem höheren Druck ist Pi1 größer, aber wieder konstant in Bezug auf l, entsprechend der Geraden Pi2; ihr entspricht der Schnittpunkt A2 und daher die Ablesung l2.

Beim Indikator oder beim federbelasteten Kolbenmanometer ist die innere Richtkraft der von der Flüssigkeit auf den Kolben ausgeübte zu messende Druck multipliziert mit der Kolbenfläche. Bei einem bestimmten zu messenden Druck Pi ist diese Kraft von der Kolbenstellung, also vom Zeigerausschlag l oder dem zu messenden Druck x unabhängig, sie wird wieder durch die wagrechte Gerade Pi1 (Fig. 1) dargestellt. Die äußere Richtkraft ist die von der Meßsender auf den Kolben geübte Kraft Pa, die proportional dem Ausschlag l zunimmt. Der Zeiger Stellt sich auf den Ausschlag l1 ein, der demnach mit x1 zu beziffern ist. Für eine andere Spannung x2 tritt der Ausschlag l2 ein. x und l sind in Fig. 1 einander proportional gedacht.

Beim Bayer-Dampfmesser ist die belastende Kraft des Gewichts G die konstante äußere Richtkraft Pa, während die von einer bestimmten zu messenden Dampfmenge x1 auf den Schwimmer ausgeübte innere[432] Richtkraft Pi mit zunehmenden Ausschlag abnimmt, mit abnehmenden Ausschlag schnell zunimmt, beiderseits in Fig. 2 asymptotisch der Achse sich nähernd.

In jedem Fall stellt sich (Fig. 3) derjenige Zeigerausschlag l1 ein, der dem Schnittpunkt A1 der beiden Kurven Pa und Pi1 – letztere je nach der zu messenden Größe x1 wechselnd – zugeordnet ist. Bei einer willkürlich mit der Hand vorgenommenen Ablenkung des einspielenden Zeigers aus der Sollstellung um einen kleinen Betrag dl entsteht ein Unterschied zwischen Pa und Pi entsprechend der Strecke BC, d.h. gleich dem Unterschied der beiden Zunahmen d Pa und – d Pi, die bei dieser Ablenkung dl des Zeigers vom Sollwert eintreten. Also ist die Verstellkraft auf die Einheit der Skala bezogen


Meßinstrumente [3]

Sie ist entweder nach den Regeln der Differentialrechnung oder auch empirisch zu bestimmen.

Jedem Wert x0, x1, x2 der zu messenden Größe entspricht eine andere Kurve Pi0, Pi1, Pi2 aus einer Kurvenschar. Wie die Kurvenschar in Fig. 3 gezeichnet ist, nimmt R1 mit abnehmenden l ab, da der Schnittwinkel von Pa mit den Kurven Pi nach links zu spitzer wird; es ergibt sich eine Beziehung wie Fig. 4; da für n = 0 Pa und Pi0 sich berühren, so wird nach Formel (2.) dort R1 = 0.

Es ist unzulässig, daß irgendwo die Kurven der Pa und der Pi sich berühren, und daß die Kurve R1 demnach Null wird; die Einspielung auf einen gewissen Skalenwert erfolgt sonst mangelhaft; sie wird allgemein um so ungenauer, je kleiner R1 ist. Denn wenn in Fig. 5 die Reibungswiderstände einen gewissen (konstant und ± gleich angenommenen) Wert W haben, so lassen sich die Kurven der Pa + W und PaW neben die Kurve Pa legen; die Unsicherheit der Einstellung ist jederzeit durch den Abstand der Ordinaten l1' und l1'' gegeben, die sich als Schnittpunkte mit der betreffenden Pi-Kurve ergeben; der Bereich der Unsicherheit, in Fig. 5 stark gezeichnet, ist um so kleiner, je größer d Pa/dld Pi/dl ist, je steiler also der Bereich von Pa + W bis PaW von Pi durchschnitten wird. Diese günstige Durchschneidung kann, wie Fig. 1 und 2 erkennen lassen, entweder durch Zunahme der äußeren Richtkraft bei wachsendem Ausschlag oder durch Abnahme der inneren Richtkraft zustande kommen, oder durch beides.

Für kleine Werte von W, wie sie guten elektrischen Meßinstrumenten eigen sind, gilt die folgende Ableitung für den Fehler Δ l der Einspielung. In Fig. 6 ist das bei A liegende Dreieck der Fig. 3 herausgezeichnet. Es ist


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und A Z = Δ l; ferner ist tg β = d Pa/dl und – tg γ = d Pi/dl. Also wird in Bereichen, wo man die in Betracht kommenden Teile der Kurven Pa und Pi als geradlinig ansehen kann


Meßinstrumente [3]

Das negative Verzeichnis ergibt richtig für negative Werte von W ein positives Δ n.

Wo also die Kurven der Pa und Pi sich berühren, wird der (absolute) Fehler in der Ablesung groß, selbst bei sehr kleinem Reibungswiderstand W. Im besonderen Falle der Fig. 3 und 5, wo diese Berührung überdies bei l = 0 stattfindet, wird der relative Fehler des Einspielens

Δl/l = – W/lR1

(4.)


erst recht groß, nämlich theoretisch ∞/0. Das Instrument geht dann mangels einer Richtkraft nicht auf Null zurück. u

Soll die relative Genauigkeit der Messung stets gleich groß sein, so muß nach Formel (4.) W/l R1 = konst. gemacht werden; ist meist W mehr oder weniger konstant, so muß l R1 = konst. sein, d.h. die Richtkraft muß bei wechselnden Werten l nach einer gleichzeitigen Hyperbel zunehmen und für l = 0 müßte R1 = ∞ werden. Dieser Fall ist z.B. im Bayer-Dampfmesser praktisch verwirklicht.

Im allgemeinen kommt es nicht darauf an, wie genau man die Ablesung l macht, sondern wie genau der ihr zugeordnete Wert x der zu messenden Größe bestimmt wird.[433] Nur bei gleichmäßiger Teilung, die bisher vorausgesetzt worden war, sind x und l proportional, die Figuren können nach einer Maßstabänderung ohne weiteres auf x bezogen werden und sind daher schon in der Abszisse mit l (oder x) bezeichnet. Bei ungleichmäßiger Teilung kommt nun nicht der Fehler Δ l der Ablesung sondern der Fehler Δ x in der zu messenden Größe x in Betracht. Er ist


Meßinstrumente [3]

wenn jetzt die Verstellkraft R1 nach der Formel


Meßinstrumente [3]

aus einem Diagramm bestimmt wird, in dem dieselben Austragungen wie bisher, jedoch über x als Abszisse, also im Vergleich zu den früheren nach der Beziehung x = f (l) verzerrt, aufgetragen sind.

Als Beispiel kann die Verwendung des Quecksilberdifferentialmanometers zur Messung der Menge x mittels Staurandes (Durchflußöffnung) dienen. Für die Verwendung des Quecksilbermanometers zur Druckmessung galt Fig. 1; jetzt wird (Fig. 7) wegen der quadratischen Beziehung zwischen Druckverlust und Durchflußgeschwindigkeit der Ausschlag der Quecksilbersäule und damit die äußere Richtkraft eine Parabel; die innere Richtkraft ist nach wie vor jeweils durch eine wagrechte Gerade gegeben, z.B. durch Pi1 entsprechend dem Schnittpunkt A1 und der Anzeige x1; bei doppelter Durchflußmenge, x2 = 2 · x1 ist die nicht ausgeglichene Quecksilbersäule viermal so hoch, also Pi2 = 4 · Pi1.

Während nun bei der Druckmessung, Fig. 1, der Schnittwinkel von Pi mit Pa stets der gleiche, die Verstellkraft also stets dieselbe blieb, wird bei der Mengenmessung, Fig. 7, der Schnitt um so spitzer, die Richtkraft um so kleiner, die Einspielung um so ungenauer, je kleiner die zu messende Menge x ist. Für x = 0 fällt Pi mit der Abszissenachse, zusammen, Pa und Pi berühren sich. Wie also schon besprochen, wird für kleine Durchflußmenge die Richtkraft Null, die Einspielgenauigkeit bei gegebener Reibung ganz unzulänglich.

Nach mathematischen Gesetzen über die Parabel ist Pa = c · x2, also, d Pa/d x = 2c · x: ferner ist konstant d Pi/d x = 0; also wird R1 = 2cx, die Verstellkraft wird also durch eine ansteigende Gerade dargestellt, für x = 0 wird R1 = 0, s. Fig. 8; bei bestimmtem Wert W der Reibung wird für x = 0 der Meßfehler Δ x= ∞.

Ein anderes Beispiel für das Vorkommen ungleichmäßiger Teilungen, insbesondere der Wurzelbeziehung, bieten die elektrischen Hitzdrahtinstrumente.

Es ist zu beachten, daß in solchen Fällen nicht nur die Genauigkeit der Ablesung wegen der engen Skalenteilung bei kleinen Meßwerten unbefriedigend wird, sondern auch die Richtkraft kommt zum Verschwinden. Daher wird auch die Einspielung selbst mangelhaft. Vor allem ist es deshalb zwecklos, durch irgendeine mechanische Konstruktion, etwa eine passende Uebersetzung, die Teilung in eine proportionale zu verwandeln; eine Richtkraft von der Größe Null behält diesen Wert bei jeder Uebersetzung, bei jeder denkbaren Anordnung muß also die Einstellung nahe der Null ungenau werden, zumal jede Uebersetzung die Reibung vermehrt.

Meßinstrumenten und Meßmethoden, die einem Wurzel- oder ähnlichem Potenzgesetz gehorchen, also eine verjüngte Teilung liefern, sind daher grundsätzlich nur dann verwendbar, wenn die zu messende Größe niemals der Null nahekommt.

Der Verlauf der Kurvenschar der Pi läßt sich außer durch Rechnung auch durch Versuch am fertigen Instrument finden, der hieraus zu entnehmende Lauf von R1 ist wichtig für die Beurteilung des Instrumentes. Zu dieser Untersuchung löst man die Verbindung zwischen Pa und Pi, hängt also Meßsender oder Meßgewicht vom beweglichen System ab. Im Aufhängepunkt bringt man an jedem der beiden Teile eine Einrichtung zur Messung von Kräften an, eine Wage oder eine direkte Gewichtsbelastung. Bei der Meßsender ergibt sich eine Beziehung zwischen Kraft und Weg, die man über den zugehörigen Skalenwerten der zu messenden Größe x aufträgt. Beim bewegten System ergibt sich je eine Beziehung zwischen Kraft und Weg für je einen Wert der Erregung durch die zu messende Größe x, und jede dieser Beziehungen trägt man über x auf. Für ein Drehspulampèremeter ermittelt man also, nach Trennung der Meßsender von der Drehspule, einmal an der Meßsender Pa = f(l), weiterhin zunächst Pi = f(0) für i = 0, dann, indem man Ströme i1, i2 durch die Spule schickt, je einzeln Pi = f(i1), Pi = f(i2). Für die entgehenden Schnittpunkte sind dann die Kurvenneigungen und deren Unterschiede zu bilden, um R1 zu gewinnen. Man erhält Bilder wie Fig. 1, 2 und 3.

b) Ausgleichinstrumente (und -methoden).

Eine besondere Meßgenauigkeit erreicht man bei passender Anordnung der Messung, indem man die zu messende Größe durch eine ihr gleichartige, genau bekannte kompensiert und entweder die Gleichheit beider feststellt oder die letzten verbleibenden Unterschiede durch eine sehr empfindliche Meßmethode mißt (Nullmethode). Das bekannteste Beispiel ist die zweiarmige Balkenwage oder die Dezimalwage. Die zu bestimmende Last wird entweder genau durch bekannte Gewichte ausgeglichen, oder es wird zum Schluß die letzte Dezimale aus der Neigung des Wagebalkens gefunden. Ein anderes Beispiel ist die Widerstandsmessung mit[434] der Wheatstoneschen Brückenanordnung, bei der meist einfach die Stromlosigkeit in der Brücke konstatiert wird, bei der aber auch, wenn die Vergleichswiderstände nicht sein genug gestuft sind, ein zum Schlusse verbleibender Ausschlag des Galvanometers zur Bestimmung einer weiteren Dezimale dienen kann.

Im Sinne unserer bisherigen Darlegung kann man das Verhalten der Balkenwage wie folgt darstellen. Es gleichen sich die beiderseitigen Gewichte G1 und G2 bis auf die kleine Differenz G1G2 in sich aus, und in bezug auf G1G2 ist die Balkenwage nun als sehr empfindliche Neigungswage zu betrachten; der Unterschied (G1G2) · l ist nun, wenn l die halbe Balkenlänge bedeutet, die innere Richtkraft Pi, sie wird gemessen durch das bei einer Balkenneigung freiwerdende Moment, das dem Gewicht Gb des Wagebalkens, multipliziert mit seinem jeweiligen Schwerpunktabstand s von der Senkrechten durch die Mittelschneide, entspricht; Dies Moment Gb · s = Pa ist die äußere Richtkraft, es nimmt mit wachsenden Ausschlägen des Balkens innen proportional zu.

Das Wesen der Ausgleichmethode ist es also, die eigentliche Messung durch eine Differenzmessung zu ersetzen. Voraussetzung ist aber eine weitgehende Ausschaltung der Reibung, wie sie bei der Balkenwage durch die Anwendung der Schneidenlagerung möglich ist. Es hat keinen Sinn, die Differenzmessung so weit zu treiben, daß die Reibung gegenüber der Differenz erheblich wird.

Ausgleichinstrumente und Nullmethoden ergeben bei passender Anordnung die genauesten Messungen. Aber die Messung dauert länger und ist mühsamer als bei Skaleninstrumenten; solange man nicht durch Nachtarieren für dauerndes Spielen sorgen kann, sind Aenderungen der zu messenden Größe nicht dem Betrage nach zu erkennen; merklich schwankende Größen lassen sich durch Ausgleichmethoden nicht messen, da man keinen Mittelwert schätzen kann.

Dagegen eignet sich besonders gut zur Messung der Schwankungen selbst eine Abart der Ausgleichmethoden: man gleicht die zu messende Größe teilweise aus, der Ueberschuß, in bezug auf den die Schwankungen nun relativ viel größer sind, wird graphisch abhängig von der Zeit dargestellt.

c) Zählende Instrumente stellen einen Integralwert i = ∫ y d x fest, wo die bisher besprochenen einen Augenblickswert y messen. Als Größen x, über die hin das Integral zu nehmen ist, kommen namentlich die Zeit t oder der Weg s in Betracht. Die Größen y und i stehen zueinander in einem Verhältnis wie die Geschwindigkeit zum Weg.

Zählende Instrumente sind dadurch gekennzeichnet, daß der Zeiger dauernd weiterläuft, die Skala ist deshalb unendlich und wird als geschlossene Kreisskala mit umlaufendem Zeiger ausgeführt (mechanische Integration; Abart: umlaufendes Zahlenrad vor feststehendem Zeiger oder vor Oeffnungen laufend, auch mit springenden Zahlen und Zeigern).

Zum Tachometer als Augenblicksinstrument für die Drehzahl n/Min, oder für die Drehgeschwindigkeit ω/Sek. gehört als zählendes Instrument der Drehzähler (das Zählwerk), der die insgesamt gemachte Anzahl von Umdrehungen u während eines Zeitraumes von t1 bis t2 feststellt, indem zur Zeit t1 und zur Zeit t2 der Stand des Zählers u1 und u2 abgelesen wird. Mit besonderer Genauigkeit ergibt daraus sich mittels des Zählwerkes die mittlere Drehzahl


Meßinstrumente [3]

Zu Durchflußöffnungen für Mengenmessungen als Augenblicksinstrument gehört der Wassermesser, der Gasmesser als integrierendes Instrument; auch der Dampfmesser ist als integrierendes Instrument zu nennen, der jedoch bisher meist für Aufschreiben auf ein Papierband und Integration von Hand mittels des Planimeters eingerichtet ist. Zum Ampèremeter oder Wattmeter als Augenblickinstrument gehört der Ampèrestundenzähler, der Wattstundenzähler als Instrument zur Ermittlung des Integralwertes; der Dampfmaschinenindikator ermittelt die augenblickliche Maschinenleistung N (allerdings selbst schon ein Integralwert ∫ P · d s über einen Umlauf erstreckt) in Pferdestärken oder Kilowatt gemessen, während gewisse Arbeitszähler die insgesamt im Verlauf einer gewissen Zeit gelieferte Arbeit L = ∫ N · d t in Pferdestärkestunden oder Kilowattstunden angeben. Stets kann man durch Dividieren mit der Meßzeit den Mittelwert der Leistung während dieser Zeit finden:


Meßinstrumente [3]

Die Leistung N (in Pferdestärke oder Kilowatt gemessen) steht also zur Arbeit L (in Pferdestärke- oder Kilowattstunden gemessen) selbst in einem Verhältnis wie die Geschwindigkeit zum Wege.

d) Schreibende Instrumente dienen hiernach zum Teil der Aufgabe, durch Planimetrieren der unter der Kurve liegenden Fläche eine Größe zu finden, die zur aufgeschriebenen sich wie der Weg zur Geschwindigkeit verhält. Man findet also die Differenz u2u1 oder L2L1 der Formeln (5.) und (5a.) als Fläche unter der geschriebenen Kurve, unter Beachtung des Maßstabes.

In einer Reihe von Fällen dienen aber die schreibenden Instrumente nur der in Formel (5.) und (5a.) auch erwähnten Mittelwertbildung, weil nämlich der Integral wert keinen realen Sinn hat. So gibt ein Temperaturschreiber die Temperatur T als abhängig von der Zeit t, der Mittelwert


Meßinstrumente [3]

ist der zeitliche Mittelwert der Temperatur während der Beobachtungszeit; das Integral


Meßinstrumente [3]

hat aber keinen bestimmten Sinn, man kann es daher auch nicht nach Analogie der zweiten Hälfte von Formel (5.) und (5 a.) durch die Differenz i2i1 zweier[435] ablesbarer Integralwerte von realer Bedeutung ersetzen. Nur wenn im Sonderfall T die Temperaturdifferenz zwischen Anfangs- und Endzustand einer zeitlich oder räumlich konstanten Flüssigkeitsmenge ist, bedeuten die Temperaturdifferenzen zugleich Wärmemengen pro Zeiteinheit und daher die Integralwerte Wärmemengen insgesamt. – Bei Druckschreibern hat die Fläche unter der entstehenden Kurve, die über der Zeit aufgetragen ist, im allgemeinen keinen Sinn; aus ihr findet man den Mittelwert, z.B. der Dampfspannung während eines Tages. Nur bei Beschleunigungsvorgängen hat das Integral ∫ P · d t, wenn P auf eine Kolbenfläche F wirkend eine Kraft P liefert, die Bedeutung des »Antriebes« und ist daher gleich der »Bewegungsgröße«. Wenn dagegen vom Druckschreiber der auf eine Kolbenfläche wirkende Druck und daher die Kolbenkraft, oder wenn überhaupt der Verlauf einer Kraft P über dem vom Angriffspunkt zurückgelegten Weg s aufgetragen wird (Kraft am Zughaken einer Lokomotive über dem zurückgelegten Weg), dann Stellt die erhaltene Fläche die am Angriffspunkt nutzbar übertragene Arbeit L =∫ N · d s dar; ebenso gibt bei umlaufender Bewegung das über den gemachten Umläufen u aufgetragene Drehmoment M die Arbeit L = cM · d u = cM n d t.

Für die Auswertung der Flächen mittels des Planimeters ist es Bedingung, daß der Maßstab der Ordinaten in allen Höhenlagen der gleiche sei; sonst ist eine Umzeichnung auf gleichmäßigen Maßstab erforderlich.


Literatur: In bezug auf physikalische Messungen und Instrumente: Kohlrausch, Lehrb. der prakt. Physik, 12. Aufl., Leipzig 1914. – In bezug auf technische Instrumente: Gramberg, Techn. Messungen bei Maschinenuntersuchungen und im Betriebe, 3. Aufl., Berlin 1914.

A. Gramberg.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.
Fig. 3., Fig. 4., Fig. 5., Fig. 6.
Fig. 3., Fig. 4., Fig. 5., Fig. 6.
Fig. 7.
Fig. 7.
Fig. 8.
Fig. 8.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1920., S. 431-436.
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